Was ist emotionsfokussierte Therapie?
Emotionsfokussierte Therapie (EFT) ist gemäss der American Psychological Association (APA) eine evidenzbasierte Form von Psychotherapie für die Behandlung von mehreren psychischen Störungsbildern, insbesondere Depression und komplexe Traumata, sowie für Paartherapie. Seit einigen Jahren wird die Anwendung von EFT auf weitere Störungsbilder wie Essstörungen, Generalisierte Angststörungen, soziale Angststörungen erweitert.
Der Ansatz wurde in den 1980er Jahren durch Leslie S. Greenberg und seine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen an der York University, Toronto, Canada entwickelt. Die Entwicklung des Ansatzes wurde durch die Klientenzentrierte Psychotherapie, Focusing, Gestalttherapie, sowie durch systemische Ansätze und die existenzielle Psychotherapie, ebenso wie durch die Psychotherapieforschung im Bereich der kognitiven und insbesondere der Emotionsforschung und des Konstruktivismus beeinflusst.
Emotionsfokussierte Therapie ist charakterisiert durch seine unmittelbare therapeutische Arbeit mit Emotionen. Während Emotionen ohne Zweifel in allen Psychotherapieansätzen eine Rolle spielen, hat die Prozessforschung in Emotionsfokussierter Therapie mittels umfangreicher und detaillierter Videoanalysen von Therapiesitzungen gezeigt, wie produktive emotionale Erfahrungen und Prozesse aussehen, und wie sie in der Psychotherapie unterstützt werden können.
Solche detaillierten Analysen von Therapiesitzungen ermöglichen nun die Identifikation spezifischer Ereignisse im Therapieprozess (sogenannter «Marker»), die auf potenziell problematische zugrundeliegende emotionale Zustände hinweisen. Die Lösung solcher problematischen emotionalen Zustände wird durch eine Reihe von therapeutischen Aufgaben gefördert. Über 10 spezifische therapeutische Aufgaben wurden im Rahmen der EFT empirisch validiert. Psychotherapieprozessforschung dehnt die Grenzen unseres Wissens über emotionale Prozesse beständig aus und trägt damit zur Entwicklung der Emotionstheorie und der Interventionstechniken in der EFT bei.
Zum Beispiel kann eine Klientin, die an fortbestehenden ungelösten schwierigen Gefühlen ihrer Mutter gegenüber leidet, in der Therapie von einer spezifischen Version eines Leere-Stuhl-Dialoges profitieren. Dabei drückt die Klientin zunächst Vorwürfe und Groll gegenüber ihrer Mutter. Dies tut sie während sie sich ihre Mutter auf einem leeren Stuhl ihr gegenüber sitzend imaginiert und verbal ausdrückt: «Du warst völlig egoistisch, als ich dich gebraucht hätte als Kind». Im weiteren Prozess können diese Gefühle umgewandelt (oder transformiert) werden, insbesondere in Form eines tiefen Trauerschmerzes über die grundlegend vernachlässigende und missachtende Beziehung zu ihrer Mutter («Ich bin so traurig, so erschüttert,… ich vermisste zutiefst, dass Du in diesem wichtigen Moment für mich gefehlt hast»).
Die Forschung konnte nicht nur eine Reduktion der Symptome nachweisen, sie konnte auch in systematischer Weise aufzeigen, wie Psychotherapie funktioniert. Beispielsweise wundern sich Therapeuten und Klienten manchmal, ob «die ganze Therapiesitzung zu weinen» das ist, was in der Therapie passiert bzw. passieren sollte, und ob so ein Verhalten zu einem guten Ergebnis der Therapie beiträgt. Obwohl diese Frage wahrscheinlich am besten für jede einzelne Therapie unterschiedlich beantwortet werden muss, gibt uns die Forschung doch einiges an Orientierung. Carryer und Greenberg untersuchten 2010 gut (und weniger gut) verlaufende Therapieprozesse und konnten aufzeigen, dass die Sitzungen, in denen die Klienten ein optimales emotionales Erregungs- bzw. Aktivierungsniveau während ungefähr einem Viertel der Therapiezeit gezeigt haben, die besten Ergebnisse hervorbrachten, und die Klienten am meisten davon profitierten. Diese Forschung weist darauf hin, wie wichtig es für Klienten in Psychotherapie ist, zusammen mit der Hilfe des Therapeuten, die eigene emotionale Erfahrung auszudrücken und dieser Erfahrung Bedeutung geben zu können. Hiermit könnte der Kern von Psychotherapie nicht unbedingt die Lernerfahrung sein, Gefühle zu regulieren und kontrollieren, sondern eher sein, den Mut zu finden, durch emotional schwierige Erfahrungen durchzugehen. Dabei wird ermöglicht, der Erfahrung eine neue Bedeutung zu geben, bzw. diese in Kooperation mit dem Therapeuten neu zu konstruieren und zu entdecken.
Produktive therapeutische Arbeit mit Emotionen erfordert gewisse Bedingungen. Die vielleicht wichtigste davon ist eine warme, akzeptierende und willkommenheissende therapeutische Beziehung. Eine wohlwollende Beziehung ist ein wesentliches Element, das EFT-Therapeuten zu fördern versuchen. Verschiedene Formen empathischer Interventionen werden eingesetzt, um die gefühlte und echte Sicherheit im Moment der therapeutischen Beziehung zu vergrössern, und damit emotionale Veränderung anzuregen. Die therapeutische Präsenz ist zentral für alle Veränderungen von emotionalen Schwierigkeiten.
All diese Interventionen erfordern eine gewisse Art von fortgeschrittenem Psychotherapie-Training, einschliesslich Supervision. EFT wird in der ganzen deutsch- und französischsprachigen Schweiz von TherapeutInnen praktiziert, die der Schweizerischen Gesellschaft für Emotionsfokussierte Therapie (EFT-CH) angeschlossen sind. Viele von ihnen sind integrativ arbeitende TherapeutInnen, die auch andere Therapiemodelle praktizieren. Generell wird EFT als einzigartige Methode erfahren. Das Training ist strukturiert und gleichzeitig erlebensbezogen («experienziell») und wird auf Deutsch und auf Französisch angeboten, kombiniert mit Englisch. Psychotherapeuten, die sich für EFT interessieren, werden regelmässig auf Fortbildungsmöglichkeiten aufmerksam gemacht, über diese Webseite, sowie über die Webseite des EFT-Trainingsinstituts in Bern (www.emotionsfokussiertetherapie.ch). Wir freuen uns auf Ihre Nachricht.